Freiarbeit – ein Roman aus dem Bayerischen Wald

Freiarbeit ist eine Technik in der Pferdeausbildung, in der das Pferd ohne Strick und Halfter vom Boden aus trainiert wird. Es erfordert Mut, Selbstvertrauen und klare Zielvorstellungen so mit einem Pferd zu arbeiten. Durch diese Freiheit, ohne jegliche Hilfsmittel, entsteht eine fühlbare Verbindung zwischen Pferd und Mensch, die auf Respekt und Vertrauen basiert.

 

In dem Roman erscheint diese Art der Arbeit mehrdeutig. Es geht zum Teil darum, wie Lina, eine Mittdreißigerin ohne jegliches Verständnis für Pferde, lernt mit den eigenwilligen Vierbeinern zurechtzukommen. Zum anderen Teil geht es darum, sich selber Klarheit über ihre Wünsche und Vorstellungen für ihre persönliche Zukunft zu verschaffen. Bisher hat sie ihr Leben nur passiv gestaltet, immer nur reagiert. Das betrifft ihren unsteten Berufsweg genauso wie die Beziehung zu ihrem Lebensgefährten.

 

In Linas Fall kommt die Initialzündung durch eine Einladung nach Niederbayern, in die wunderschöne Landschaft des Dreiburgenlandes. Hier wird sie ins kalte Wasser geschmissen und muss vorübergehend die Verantwortung für einen Reiterhof samt Pferden übernehmen. Durch diese Herausforderung und einige außergewöhnliche Persönlichkeiten beginnt sie ihren eigenen Weg zu gehen.

 

Manchmal möchte man als Leser dieser Lina einen Tritt in den Hintern geben, damit sie sich endlich mal in die richtige Richtung bewegt. Tatsächlich ist es aber wie im richtigen Leben: es braucht einen sehr großen Leidensdruck, damit frau etwas verändert. Die Charaktere werden mit ihren Hintergründen authentisch beschrieben und tragen dazu bei, dass die Handlung bis zum Schluss überzeugend und spannend bleibt.

 

Ein faszinierender Roman über Pferde, Lebensträume und den Umgang mit den unterschiedlichen menschlichen Schwächen wie z.B. Untreue, Sucht und Diebstahl aus. Die Autorin findet erstaunliche Lösungsmöglichkeiten; statt schwarz-weiß wird hier in bunten Farben das halbvolle Glas getrunken.

 

Der Roman ist nicht nur für Pferdeliebhaber zu empfehlen. Er bietet mitreißende Unterhaltung mit einem Schuss bodenständiger Selbstverwirklichung. Man darf gespannt sein, wie sich die Figuren im zweiten Band weiterentwickeln und welche Konflikte von Mensch und Tier auf Gut Daxstein noch bewältigt werden müssen.

Druckversion | Sitemap
Copyright: Nicole Feldengut